Fritz 15 - Nein Danke
Die Vorfreue ist der Ernüchterung gewichen. Seit Fritz 11 bekomme ich Jahr für Jahr das Gefühl, mit jeder neuen Fritz-Version eine Mogelpackung aufs Auge gedrückt zu bekommen. Aber selten hatte ich das Gefühl so übers Ohr gehauen zu werden, wie beim Sprung von Fritz 14 auf Fritz 15.
Nach der Installation muss man, wie gehabt, mittels Seriennummer seine Fritz 15 Version aktivieren und anschließend kann es losgehen. Ich drücke auf dem sich aufpoppenden Splash-Screen auf Fritz und schwups, startet das Programm und präsentiert sich in gewohnter Fritz 14 Oberfläche. Auf den ersten Blick ist alles beim Alten geblieben und auch auf den zweiten Blick hat sich nichts wesentlich Neues getan.
Aber halt ! Gab es nicht die großartige Ankündigen von Chessbase, dass der Freund-Modus im Fritz erneuert wurde. Wenn man im Freund-Modus Partien spielt, bewertet Fritz ab sofort die Spielstärke des Benutzers aufgeteilt in Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel. --- Kommt mir irgendwie bekannt vor
Diese Art der Bewertung habe ich bereits vor Jahren bei der Spielstärkebemessung von Schachcomputers eingeführt. Anfang bis Mitte des Jahres habe ich diese Art der Spielstärkeaufteilung dann publik gemacht und offenbar haben auch ein paar Leute bei Chessbase mitgelesen.
Ist ja nicht das erste mal, dass Chessbase versucht, meine Ideen zu kopieren
Aber gut
Schauen wir uns an, wie Chessbase meine Idee umgesetzt hat. Ich klicke als auf den Freund-Button und lese im Info-Kasten, dass ich aktuell eine Bewertung von 1300 habe. Das lässt sich mit Sicherheit nach oben korrigieren. Ich starte also meine erste Partie und mir fällt auf, dass die Kiste bereits in der Eröffnung grobe Schnitzer macht. Im Freund-Modus wird ohne Zeitkontrolle gespielt, was mich aber nicht davon abgehalten hat, meine Züge a'tempo zu spielen. So spielte ich eine Partie nach der anderen recht flott durch, bis während der Partie mal das Telefon klingelte und ich für 5 Minuten einfach mal aussetzte. Als es weiterging und ich meinen Zug ausführte, stellte Fritz zunächst auf stur und antwortete einfach nicht. Zuerst dachte ich an einen Fehler aber Moment ! Fritz passt sich ja der Denkzeit seines Benutzers an und da ich 5 Minuten telefoniert habe, nimmt sich Fritz nun selbst 5 Minuten Auszeit, bevor er seinen nächsten Zug zieht. Ein sagenhaft witziges Feature.
Als ich dann irgendwann so an die 30 Partien gespielt habe und einen Blick in den Freund-Infokasten warf, erstrahlte anstatt der 1300er Bewertung nun eine Bewertung von 2023. Das ist also meine Bewertung nach 30 Partien. Ein Blick darunter soll dann die angebliche Dreiteilung meiner Spielstärke anzeigen. Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel. Aber anstatt einfach für alle drei Spielphasen jeweils eine Bewertung anzuzeigen, sieht mal lediglich einen Graphen (wie etwa ein Signalverlaufsgraph), der die gesamte Spielphase in ELO erfasst einzeigt. Ganz links steht Eröffnung, gefolgt von Mittelspiel und dann ? Von Endspiel keine Spur. Interessant ist jedoch, dass Fritz mein Eröffnungsspiel mit über 2400 bewertet und dann den Graphen nach unten schnallen lässt auf 1980 im Mittelspiel. Im Bereich der Bewertung des Mittelspiels sieht man dann eine Berg- und Talfahrt zwischen 1900 und 2100. Vom Endspiel immer noch keine Spur.
Nicht nur die Anzeige der Bewertung wirkt unüberlegt, sondern auch die Art, wie die Bewertung offenbar zustande kommt, ist mehr als lächerlich. Fritz spielt im Freundmodus praktisch immer den selben Käse an Eröffnungen. Je stärker man spielt, desto mehr darf das Programm wohl selbst ins Buch schauen. Anstatt das Fritz hier eine breite Auswahl an Eröffnungen bietet, kamen in meinen 30 Partien immer folgende Eröffnungen aufs Brett: Mit Weiß spiele ich 1.e4 und Fritz spielte bis auf einmal immer Caro Kann. Mit Weiß zog er immer 1.d4 und ich kam mit Schwarz immer in die selbe Königsindisch-Variante. Einfach nur Langweilig. Es ist wohl kein Wunder, dass laut Fritz mein Eröffnungswissen eine 2400er gleicht, wenn Fritz Partie für Partie immer das gleiche Essen serviert.
Nun zum Mittelspiel. Hier spielt sich das gewohnte Spiel ab, dass ich schon seit Fritz 6 (meine erste Fritzversion) kenne. Fritz stellt einzügig Figuren ein, um ein paar Züge später die Mega-Kombi auszupacken, in welcher er das Material zurückgewinnt. Fritz spielt in einer Partie 10 mal wie ein 1100er und 8 mal wie ein Weltmeister. Das ist kein Training, denn man fühlt sich einfach nur veräppelt.
Das soll also diese große Neuerung in Fritz 15 sein ? Lächerlich !
Was gibts sonst noch Neues ? Ach ja ! Wenn man nun die Engine wechselt (beispielsweise von Fritz 15 auf Stockfish), ertönt ein komischer Sound. Soll wohl witzig klingen, aber erweckt einfach nur den Eindruck, dass den Machern der Fritzserie einfach nix mehr einfällt.
Nach dieser Ernüchterung werfe ich einen Blick auf das Trainingsangebot, welches in Fritz 15 integriert ist. Angriffstraining klingt doch super. Ich starte es in der Hoffnung, den gegnerischen König beliebig oft matt setzen zu dürfen, werde aber von den Rentnern aus Hamburg gleich auf den Boden der Tatsachen gebracht. Anstatt cool matt zu setzen, soll ich alle Figuren anklicken, welche im nächsten Zug matt setzen können. Laaaaaaangweilig. Ich hallte nur 3 Stellungen durch und wechsel in das Verteidigungstraining. Auch hier soll ich wieder irgendwelche Felder und Figuren markieren. Gääähn ! Dieses Training ist an Einfallslosigkeit nicht zu überbieten und spätestens nach 2-3 Stellungen hat man einfach genug von diesem stupiden Rumgeklicke.
Was soll man über Fritz 15 schreiben ? Fritz 15 ist praktisch ein Fritz 14 oder gar ein Fritz 13, ohne nennenswerte Verbesserungen. Das was hinzugekommen ist, ist nicht der Rede wert und wirkt einfach wie der verzweifelte Versuch, einen neuen Fritz zu rechtfertigen.
Als neu könnte man höchstens das Web-Angebot bezeichnen, zu welchem Käufer von Fritz 15 sparsame 6 Monate Zugang gewährleistet wird. Das hat aber mit Fritz 15 recht wenig zutun, weshalb ich das Angebot nicht in meine Bewertung mit einbeziehe. Man kann es schließlich auch ohne Fritz 15 mit dem Webbrowser aufrufen.
Bliebe noch die Engine Fritz 15 zu bewerten. Aber so richtig bewerten kann man diese Engine nicht, weil es keine Fritz 15 Engine ist, sondern eine marginal verbesserte Rybka 4.1 UCI Engine, die noch dazu schlechter spielt, als die meisten kostenlosen Engines.
Fazit:
Wer Fritz 11, 12, 13 oder 14 besitzt, kann auf den Kauf von Fritz 15 sehr gut verzichten. Wer noch keinen Fritz besitzt, der kann sich gerne bei mir melden. Ich habe noch über 200 Exemplare der Fritz 12 SE Version, welche ich gerne für die Zahlung der entstehenden Versandkosten (2,50 €) verschenke.
Noch nie habe ich mich so auf den Arm genommen gefühlt. Fritz 15 =
!